Sonntag, 20. Oktober 2013

in einem französischen, tristen Klassenzimmer, umgeben von 15- und 16- jährigen Franzosen...

...befand ich mich diese Woche täglich. 
So ist das eben, wenn man eine Ausbildung im Ausland nach dem Abitur anfängt. Meine Azubi-Kollegen sind zwischen 15 und 16 Jahre alt und bis auf zwei anderen alle männlich. Das ist im Prinzip ja weiter nicht schlimm, wären sie jedoch nicht so... wie soll ich sagen... ach! Im Grunde sind sie einfach mitten in der Pubertät... 

Ich arbeite immer zwei Wochen in der Pâtisserie und habe danach eine Woche Schule. Das ist dann ein bisschen wie Urlaub. Normale Aufstehzeiten. Außerdem lernt man dort so Dinge wie "a person who drives a bus" est un "busdriver"... also sehr gechillt. Wobei, wenn ich jetzt so überlege, wirklich entspannend ist so ein Schultag doch auch wieder nicht...
Er fängt morgens um 8.15 Uhr an. Mit Mathe zum Beispiel. Das mochte ich ja früher in der Schule immer sehr. Und mag ich auch noch heute. Aber wenn ich hier in Orléans im Mathe-Unterricht sitze, fühle ich mich wie sechs Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt. Und ich gestehe: Ich würde dann lieber Abitur-Aufgaben lösen, die einen so richtig herausfordern... Doch hiervon sind wir weit entfernt. So waren diese Woche "Les unités simples" unser Thema. Wir haben gelernt, dass die Haupt-Einheit der Länge "mètre", abgekürzt mit "m", ist. Bei der Masse ist das das "gramme", mit der Abkürzung "g". Danach mussten wir Übungen dazu machen. In andere Einheiten umrechnen und sogar Sachaufgaben!
Achja, meine Mama meinte neulich, dass das meine Schwester auch gerade lernt... sie ist in der 5. Klasse...

Aber nicht immer ist es so einfach für mich wie in Mathe. Wenn wir zum Beispiel Biologie haben, sitze ich im Klassenzimmer, und denke: "Mein Gott, was mach ich hier auch, mochte ich Bio doch nie so wirklich, und feierte schon meine letzte Bio-Stunde -Und jetzt? Jetzt muss ich das ganze auch noch auf französisch können..." Gerade nehmen wir die "bactéries" durch... 

Und im Pâtisserie-Technik-Unterricht bekamen wir über sechs Seiten mit Fachwörtern. Ein paar Wörter wollte ich dann zuhause nachschlagen, habe sie aber in keinem Wörterbuch und daher keine entsprechende deutsche Übersetzung gefunden. -Ich erweitere meinen Wortschatz also einseitig auf französisch, auch nicht schlecht! Außerdem lernten wir hier berühmte Pâtissiers kennen. Dieses Fach gehört also zu den interessanten Fächern. Gut, es ist ja auch ein "Pâtissier-Fach"... 

Doch wenn ich dann mittags Sport habe, kommt es wieder, dieser einer negativ angehauchter Gedanke: "Mein Gott, warum steh ich freiwillig auf einem französischen Sportplatz und spiele mit 20 anderen jungen pubertären Franzosen Fußball?" 
Auch noch Fußball. Das ist für mich eine der Sportarten, die ich wirklich am ungernsten spiele. Aber was macht man nicht alles, um Pâtissière zu werden?! 40 Minuten am Stück joggen und danach noch Fußball spielen... da wird wirklich viel von einem verlangt... Übrigens merkt man am Sportunterricht wieder, wie jung meine Kollegen doch sind. Oder ist es normal, dass manche nicht einmal 40 Minuten am Stück joggen können? 

Unsere Französisch-Lehrerin ist die allerstrengste. Einen strengen Ton haben ja alle drauf, außer vielleicht der Physik-Lehrer. Ihm ist einfach alles egal, soll es halt wahnsinnig laut sein, keiner zuhören, alle mit dem Handy spielen... er lässt sich jedenfalls nicht aus dem Konzept bringen, sondern referiert weiter über die Atome, das Periodensystem usw. ... 
Doch wie gesagt, in Französisch, da ist jeder mucksmäuschenstill. Man hat sein Einzeltischchen, setzt sich erst, wenn es gefordert wird. Heft, Mäppchen, alles liegt ordentlich auf dem Tisch. Ein junger Franzose ist jedoch selbst im Französisch-Unterricht eingeschlafen. Er schläft öfters. Aber richtig! Sein Kopf liegt dabei bequem auf den verschränkten Armen auf dem Tisch. Unglaublich!
Wir lasen hier Texte, beantworteten Fragen dazu, lernten uns vorzustellen, außerdem die nominal und verbal Sätze.

Meistens wird in den Fächern noch ein Test geschrieben. Dann heißt es: "Alle Materialien wegräumen, nur ein Kuli liegt auf dem Tisch, jetzt schreiben wir einen Test..." Puh. Ein Test. Wenn er z.B. in dem Fach "Connaissance, entreprise, environnement, economique, juridique et social" ist -ja, so ein Fach gibt es auch- dann kommt man doch ein wenig ins Schwitzen. Vielleicht aber auch nur, weil es strengstens verboten ist, während dem Unterricht, bzw. in den Klassenräumen allgemein, zu trinken... 


In der ersten Mathe -und Französisch-Stunde mussten wir auch einen Test schreiben, um festzustellen, ob man im jeweiligen Fach Nachhilfeunterricht benötigt -da freut man sich doch, wenn man das als Ausländerin nicht nötig hat... 


Am meisten Spaß macht die Schule natürlich, wenn wir praktischen Unterricht haben, das heißt dann, wir backen von morgens um acht bis abends um halb fünf. Aber auch hier werden die süßen Endprodukte bewertet.

Morgen stehe ich dann wieder in der Backstube. Ab morgens um vier. Falls ihr nun denkt, oh Gott, schon ab vier Uhr... das ist im Prinzip wirklich etwas schönes, bereits wach und schon so aktiv zu sein, während alles noch schläft... Und allein der himmlische Duft der Bäckerei, gemixt mit der frischen Morgenluft, ist einfach wunderbar! :-)

So, nun habt ihr einen ersten, klitzekleinen Einblick in mein neues, französisches Schulleben bekommen...das nächste Mal bekommt ihr dann mehr Bilder, als Buchstaben zu sehen... ! ;-)

A bientôt, 
eure mademoiselle sucrée

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